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Focus on Beauty

Es war mir eine große Ehre und ich hatte mich sehr gefreut, als Margin Alexander, Pianist und Komponist, eines meiner Fotos bei “Voice & Faces” am 16.01.2023 in New York City präsentierte.

Focus on beauty

Der Titel des Fotos ist “Focus on Beauty”. 

We are currently living in a time when everything is changing, the old is no longer relevant and the future is uncertain. The focus of my photo is an old church, the only beautiful building in the middle of ugly houses built quickly after the war. The church is surrounded by a threatening void, but it rises like an anchor in the chaos – not because it is a church, but because the viewer focuses on the beauty of this building. Fear becomes energy that makes you strong.

Ich danke ihm sehr dafür, auch für das Video, das mir anschließend zur Verfügung gestellt wurde:

 

 

Das neue Jahr steht vor der Tür

Ein Böllerkrachen, Donnerschlag!
Erschreckt schau ich zur Tür.
Wer um die Zeit noch kommen mag?
Es war so friedlich hier.

Mit allem, was an Mut ich find’,
geh‘ ich zur Türe hin.
Gespenstisch heult der eis’ge Wind.
Es friert in meinem Sinn.

Da öffnet sich der Türe Schloss,
als ich den Schlüssel dreh‘.
Bin meine letzte Fassung los,
denn was ich vor mir seh‘

ist eines Jahres Dunkelheit.
Geliebt, zerstört, verlor’n.
Erschüttert und in Bitterkeit
ward Hass herauf beschwor’n.

Ich sehe Angst, Verzweiflung naht.
Zur Trauer sich gesellt
der Friede, er ist aufgebahrt.
Gewalt regiert die Welt.

Ein Mensch geht seinen letzten Gang,
gleichgültig sein Geleit.
Auf Mitleid wartet mancher lang‘,
es stirbt die Menschlichkeit.

Das ist zu viel, geh’ weg von mir!
Ich kann mich nicht mehr rühr’n.

Da tritt das Jahr durch meine Tür,
lässt mich die Sonne spür’n,

die über Dächern aufgetaucht
das neue Jahr erhellt.
Aus Tropfen, die vom Eis getaut,
erblüht die Farbenwelt.

Ich sehe Kraft, die Hoffnung birgt,
sie nimmt auch Angst in Kauf,
mit Trotz, der dennoch Gutes wirkt,
so geht der Plan nicht auf,

dass Terror Wut und Chaos sät.
Der Wille ist ein Stein.
Ein Mensch, der fest zum Frieden steht,
lässt nicht den Hass herein.

Kann ich das Neue vor mir seh’n,
seh‘ ich auch Licht vor mir.
Das Dunkle und der Schmerz vergeh‘n.
Das neue Jahr bleibt hier.

Die Frau im Spiegel

 

Augen aus dem Spiegel schauen
wohl vertraut in mein Gesicht.
Kann ich meinem Anblick trauen?
Bin ich du und du bist ich?

Du bist die, die mich geboren
und geliebt vor langer Zeit.
Ich bin die, die dich verloren,
damals war ich nicht so weit.

Sieh mich an mit deinen Augen,
sag, erkennst du jetzt dein Kind?
Manchmal kann ich es nicht glauben,
Falten kamen mit dem Wind.

Ich steh’ fest in meinem Leben,
mittendrin, wie damals du.
Freunde hat es mir gegeben
und den Mann zum Glück dazu.

Hab’ viel von der Welt gesehen.
Ach, du fragst nach Angst und Pein?
Sah sie kommen und auch gehen.
Wie es war, so sollt’ es sein.

Wird die Trauer jemals enden?
Und was bleibt in Ewigkeit?
Liegt das Glück in meinen Händen?
Gibt es Liebe ohne Leid?

Niemand kann das wirklich wissen,
nicht im Jenseits oder Hier.
Immer werd’ ich dich vermissen,
denn du bist ein Teil von mir.

 

Sackträger

Das Sackträger-Gedicht

Mein Großvater (geb. 1900 in Mannheim) liebte es, Gedichte in Mannheimer Mundart auswendig vorzutragen. Das folgende Gedicht dürfte in den 1930er Jahren entstanden sein, in einer Zeit, als die Sackträger im Mannheimer Hafen nach und nach arbeitslos wurden, da moderne Maschinen ihre Arbeit übernahmen. Ich hatte es, als er es wieder einmal vortrug, aufgenommen und dann aufgeschrieben. Der Autor ist leider unbekannt.

Dass es mit “Ihr liewe Leit” beginnt, ist kein Zufall: Viele alte Mannheimer Gedichte wurden für eine Zuhörerschaft geschrieben – und das habe ich wohl schon als Kind verinnerlicht (siehe oben). *smile*

Die Mannheimer Sackträger (ca. 1789 – 1950) wohnten im Hafengebiet (Jungbusch/Filsbach), waren ein raues, aber friedliches “Volk”, hart arbeitend und mit gutem Verdienst. Ihr Dialekt war besonders, viele Wörter hatten ihren Ursprung im Jüdischen (ihre Arbeitgeber waren oft jüdische Spediteure, Getreide- und Tabakhändler). In der Beilstraße, Mannheim-Jungbusch, steht heute ein Sackträger-Denkmal (Foto links).

Siehe auch diesen Artikel im Mannheimer Morgen:
“Die kräftigen Männer vom Hafen”

Hier die Aufnahme meines Großvaters, Herrmann Spohn, als er es, schon 91 Jahre alt, auswendig vortrug:

Ihr liewe Leit, isch sag Eich bloß:
In unserm Handwerk is nix mehr los.
Sackträger zu sei is kä Vergniesche mehr
denn ewe macht ma jo die Schiffe leer
mit Elevator und sonstige Maschine
und känne uns kaum noch än Schnaps verdiene.

Ach, wie du isch als beneide,
die schäne vergangene goldene Zeite,
wo du hoscht im Handumwenne
de Lappe, de Bolle verdiene känne.

Doch awwer heitzudag, o mei,
do bild sich jeder Schereschleifer ei,
dass im Grunde genumme er wie domols
än echter Mannemer Sackträger wär.

Scheiweschiewer sinds zum Bediene
vun moderne Kraftmaschine.
Gibt’s zum Beispiel sozusage
mol im Gnick was Schwers zu trage,
knicke se zsamme und losses steeh
mit ihre därre Schneidersbee.

Zwe Zentner, ach Ihr liewe Leit,
des war fer misch ä Klänischkeit.
Die habb issch dir ja ganz uschäniert,
wie än Seeldänzer iwwer die Diel balanschiert.

Korz um, wir ware, wie isch sag,
än ganz padenter Menscheschlag.
Respekt war do, wonn wir sinn kumme.
Vor uns hott ma sich in Acht genumme.

Wie habb isch ämol wege äm fresche Betrage
änem Unneroffizier des Maul verschlage,
weil der uverschämte Kunne
immer die Rekrutte geschunne.

“Isch blos disch uff wie än Wasserfrosch
mit deiner ugsalzene Wellfleschgosch.
Hau dir dein Wersching knippeldick
und hau dir in dei Tropsbiergnick!

Wie ich dir jetzt dei Maul verstopp,
du abgequellter Kartoffelknopp.
Loscht die Regrutte nett in Ruh,
du upolierter Deeg-Aff du?”

Unn habb ihm mol fer fuchzig Grosche
gehärisch mol die Schnut verdrosche.
So habb ich geredt mit demm Ihr Leit,
der war kuriert fer alle Zeit.

In unserm Stammlokal, do wars famos,
do vornne in de alte Ros,
wo ma hott abgerisse jetzt,
do hawwe mer manchen Schoppe gepetzt.
Unn habb do a so mansche Tage
de schänste Aff mit hähm getrage.

Doch jetzt sinn alle Worte leer.
Was vergange is, des kummt nit mehr.
Alt is mein Kopp unn aach die Bäh
und’s Schaffe will nett mehr recht geh.

Drum machts mich immer sorgenvoll,
wie isch misch jetzt ernähre soll.
Do bei de Stadt, do kännt isch ewe
gemietlich als Beamter lewe.

Na um die Zeit mer zu vertreiwe,
dät isch mer als de Buckel reiwe.
Unn wär isch mied, gäbs nix zum Lache,
dät isch am Pult mei Schläfle mache.

(Verfasser unbekannt)

Der 60. Geburtstag

Jahre geh’n so schnell vorbei.
2 vor 0, und dann die 3.
Bei der 4 wird nichts gedacht,
und die 5 kommt über Nacht.

Doch die 6 erwischt dich kalt.
Plötzlich denkst du: „Ich bin alt!“
Rente rückt in klare Sicht,
nur das Kleingedruckte nicht

auf der Karte zum Menü.
Merkt der Ober deine Müh‘,
bietet prompt der junge Mann
den Seniorenteller an.

Gramversunken und nicht satt,
fühlst du dich beim Aufsteh’n matt.
Gut könnt‘ ein Rollator sein,
denkst du noch, dann steigst du ein

in die Bahn, das Haar verschwitzt,
atmest schnell – ein jeder sitzt.
Neben dir ein alter Mann,
bietet dir den Sitzplatz an,

steht vor dir als Supergreis,
gibt dir seine Muskeln preis,
hält sich fest mit einer Hand,
unnachgiebig ist sein Stand.

Wissend ruht sein wacher Blick
nun auf dir. Was ist sein Trick?
Und als ob er dies auch weiß,
sagt er dir, wie auf Geheiß:

„Schau’n Sie nicht so sorgenvoll,
weil der Alte stehen soll.
Ich war auch so jung wie Sie –
diese Zeit vergess‘ ich nie.

Damals hatt‘ ich nur gedacht.
Nicht geschlafen, nicht gelacht.
Wurde müd‘, die Knochen schwer
und der Kopf gab nichts mehr her.

Ach, wie kam ich alt mir vor!
Fast senil, ein müder Tor.
Bis ich in den Spiegel sah,
und da wurde es mir klar.

„Schwer sein“, das war meine Sicht.
Doch die Augen war’n es nicht,
sahen noch in mir das Kind:
Darauf strahlten sie geschwind.

„Alt sein“ war in meinem Kopf,
aber nicht der weiße Schopf.
„Müd‘ sein“ war in meinem Hirn,
aber nicht die Faltenstirn.

„Frisch sein“ stellte ich mir vor:
Meine Falten ich verlor.
Die Idee, ich sei gesund,
machte meine Wangen rund.

Der Gedanke, froh zu sein,
brachte mir ein Lächeln ein.
Und der Glaube, ich sei jung,
brachte meinen Kopf in Schwung.“

„Wenn Sie einmal achtzig sind“,
meinte er dann noch geschwind,
„wird das Leben wertvoll sein,
wie ein guter, alter Wein.“

Als er ausgestiegen war,
wird es dir allmählich klar,
einen Vorteil drin zu seh’n,
dass die Jahre schnell vergeh’n.

Weil mit 60 noch zu jung,
bist du müd‘ und ohne Schwung.
Der Gedanke ist famos,
lässt dich staunen, nicht mehr los.

Etwas leichter steigst du aus,
etwas schneller, Brust heraus,
unbewusst im Wiegegang
kommst du dann zuhause an.

Nur das Ticken von der Uhr,
ist zu hören auf dem Flur,
wo die Garderobe steht
und ein Spiegel, der sich dreht.

Augen seh’n dich, wach und jung,
Wangen rot, der Mund ein Schwung,
deine Haare stürmisch wild:
Ja, das ist dein Spiegelbild.

© Anita Hasel (2018)

Ludwigshafen in Bildern

Ludwigshafen am Rhein, die Stadt in der ich wohne, ist – entgegen ihrem Ruf als hässliche Industriestadt – durchaus auch fotogen: Man muss sie nur aus dem richtigen Blickwinkel betrachten.

Die Mannheimer haben da ihren besondern “Blickwinkel”: Im 19. Jahrhundert erhielt Ludwigshafen den Spitznamen “Lumpehafe”. “Lump” war eine Anspielung auf die Arbeiter der wachsenden Industrie, die für proletarischer angesehen wurden als zum Beispiel die Bürger Mannheims. Bayrische Beamte sahen es damals als Strafe an, nach Ludwigshafen (oder ganz allgemein in die Pfalz) versetzt zu werden. So entstand der Spruch: “Wen der liebe Gott will strafen, den schickt er nach Ludwigshafen.”

Meine Vorfahren väterlicherseits kommen aus Mannheim und mütterlicherseits aus Ludwigshafen. Ich wohne völlig freiwillig und ausgesprochen gerne in LU. Die Menschen dort sind – genauso wie in Mannheim – offen und geradeheraus, kommunikativ, hilfsbereit und engagiert.

Hier nun in Bildern mein Blickwinkel auf LU:

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*Von der Webseiteninhaberin angepasst.

Erstellt mit Datenschutz-Generator.de von RA Dr. Thomas Schwenke

Mannheim in Bildern

Mannheim, die Stadt am Neckar und am Rhein, wurde erstmals 766 urkundlich erwähnt. Hier hat man einiges erfunden: Das erste Zweirad (1817, Karl Drais), den ersten elektrischen Aufzug (1880, Werner von Siemens), das erste Auto (1886, Carl Benz), den ersten Bulldog (1921, Heinrich Lanz).

Mannheim ist keine gewöhnliche Stadt: So ist zum Beispiel die Innenstadt seit 1600 (Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz) in Quadrate aufgeteilt. Schon immer zog die Stadt Einwanderer an. Die ersten Stadtrechte gab es in vier Sprachen. Jedem Bürger stand es frei, seine Religion zu wählen und danach zu leben. Die Mannheimer (ca. 300.000) sind heute ein Volk aus 170 Nationen. Die ehemalige Residenzstadt der Kurpfalz ist das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Metropolregion Rhein-Neckar (2,35 Mio. Einwohner).

Beitrag SWR-Fernsehen (2017): 24 Stunden in Mannheim 

Hier ein paar Eindrücke in Bildern aus meiner Heimatstadt:

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Der reine Wahnsinn

Schon wieder war es da, dieses seltsame Gefühl, beobachtet zu werden. Lutz Bork blieb stehen und lauschte angestrengt. Unwillkürlich hielt er dabei den Atem an. Einsame Stille umgab ihn, unterbrochen vom Rascheln des toten Laubes, das der böige Wind auf dem staubigen Erdboden in wild rotierenden Kreiseln mit sich riss. Sonst drang kein Laut an seine Ohren. Alles nur eine Einbildung? Vielleicht. Doch sein Puls raste, als wäre ihm ein Geist erschienen.
xxVorsichtig drehte er sich um, schaute zurück, woher er gekommen war. Der Nebel hatte nicht nur die letzte Weggabelung verschluckt, sondern auch das Licht im dichten Nadelwald. Bereits jetzt war es für Lutz schwierig, wenn nicht gar unmöglich geworden, eine menschliche Gestalt von den Schatten und dunklen Gebilden zu unterscheiden. Details konnte er nicht mehr erkennen. Er war sich sicher, dass sie ihm gefolgt waren. Wenn sie ihn jetzt beobachteten, dann sicher nicht von dort, wo er sie eventuell noch sehen konnte. Es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als sich auf seine Ohren zu verlassen. Und auf seinen sechsten Sinn.

„Das ist doch Wahnsinn!“ Lutz erinnerte sich lebhaft an den entsetzten Gesichtsausdruck seines Kollegen Jan, als er ihm von seinem Vorhaben berichtet hatte.
xx„Ich muss das tun, das ist meine einzige Chance. Nur so kann ich beweisen, dass es sie wirklich gibt.“
xx„Sie“, das waren ominöse Rächer, die Lutz verletzt und es wie einen Selbstmord hatten aussehen lassen wollen. Leider glaubte ihm das kaum jemand.
xxJan hatte ihn angeschrien: „Vielleicht bist du doch lebensmüde – und verrückt dazu! Die hätten dich besser behalten sollen, dort wärst du wenigstens gut aufgehoben!“
xx„Dort“, das war das psychiatrische Krankenhaus.
xxNein, er war weder lebensmüde noch schizophren. Immerhin, Jan glaubte ihm, sonst hätte er nicht alles versucht, um ihm das auszureden. Der gute Jan. Jetzt bereute Lutz es zutiefst, dass sie im Streit auseinandergegangen waren.

Für einen Moment nahm ihm der eiskalte Wind den Atem, der ihm mit voller Wucht entgegen blies. Lutz klappte den Mantelkragen hoch, zog den Kopf etwas tiefer und setzte seinen Weg fort. Nach der Beschreibung, die Jan ihm gegeben hatte, würde er bald die Stelle erreicht haben, wo man ihn gefunden hatte. Jetzt, wo er seinem Ziel so nah war, spürte er, wie er trotz der Anspannung immer gefasster wurde. Bald würden alle Zweifel ausgeräumt sein, auch die Selbstzweifel, die in ihm in letzter Zeit doch aufgekeimt waren.
xxEr sah in Gedanken noch einmal die Schlagzeile vor sich: „Mordermittler scheitert am Selbstmord!“ Und daneben sein Bild, in der Zeitung mit den vielen Bildern, die sich um Skandale ranken, um die schier unersättliche Neugier der Schaulustigen zu befriedigen. Alle Indizien hatten auf einen Selbstmordversuch hingewiesen, das hatte selbst Lutz nicht leugnen können. Aber er konnte sich an absolut nichts erinnern. Von dem Moment an, als er sich schlafen gelegt hatte, bis zu seinem Erwachen im Krankenhaus: nicht der Hauch einer Erinnerung. Aber niemand hatte ihm geglaubt. Am Ende war er nahe daran gewesen, sich selbst nicht mehr zu glauben. Wenn es da nicht dieses eine Detail gegeben hätte, dieser eine Fehler, der ihm die Gewissheit gab, es nicht selbst getan zu haben: Niemals hätte er sich die Pulsadern quer aufgeschnitten. Denn dass man daran nicht stirbt, das hatte man ihm schon während seiner Ausbildung beigebracht.
xxAber daran hatten sie nicht gedacht.

Lutz erstarrte in der Bewegung. Jetzt hatte er etwas gehört, wahrscheinlich waren sie schon ganz in der Nähe. Aber was war es? Das leise Knacken beim Entsichern einer Pistole? Nein, eher ein zerbrochener Zweig, doch er war sich nicht sicher. Vielleicht spielte ihm jetzt seine Fantasie einen Streich. Langsam ging er weiter, Schritt für Schritt darauf bedacht, jedes Geräusch zu vermeiden. Wieder sagte er sich, dass ihm hier keine Gefahr drohte. Nicht auf dem Weg dorthin. Doch wenn er dort angekommen war, durfte er keinen Fehler machen, die Nerven nicht verlieren.
xxSchon kam die besagte Lichtung in Sicht, durch den dichten Nebel sogar schneller als erwartet. Lutz verlangsamte seine Schritte. Unwillkürlich sah er das Foto wieder vor sich, als er unter der abgestorbenen Eiche lag: Seine Unterarme blutverkrustet, sein Gesicht unnatürlich weiß im grellen Blitzlicht. Irgendjemand hatte das Bild an die Presse weitergegeben und dafür einen Batzen Geld eingestrichen. Das war vor etwa einem Jahr gewesen. Mehr tot als lebendig und im Magen eine Überdosis Schlaftabletten, so hatte ein Spaziergänger ihn gerade noch rechtzeitig gefunden. Hier war er dem Tod näher gewesen als jemals zuvor.
xxUnd wenn es doch ein Fehler gewesen war, hierher zu kommen? Ein Anflug von Panik ließ ihn plötzlich daran zweifeln, dass er überhaupt in der Lage sein würde, seinen Plan auszuführen. Die vergangenen Monate waren wohl doch nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Eine wirklich schlimme Zeit. Erst als er aufgehört hatte, den Ärzten zu widersprechen, war es für ihn leichter geworden. Doch geglaubt hatte er ihnen nie. Er war nicht schizophren, ganz bestimmt nicht. Allerdings, manchmal…
xxEin Knacken, dieses Mal lauter und deutlicher, unterbrach sein Grübeln. Jetzt war es eindeutig: Jemand war ganz in der Nähe. Selbst wenn er wollte, er konnte jetzt nicht mehr zurück.

Mittlerweile hatte er die Lichtung erreicht und ging ohne zu zögern weiter. Das nasse, knöchelhohe Gras färbte seine Schuhe dunkel, begierig sog das Wildleder die Flüssigkeit auf. Fast war es, als würde die klamme Kälte von seinen Füßen aufwärts ganz von ihm Besitz ergreifen wollen, wie ein Papiertaschentuch, das man in Tinte taucht.
xxFest umfasste er mit der linken Hand die Pillendose in seiner Manteltasche und steuerte direkt auf den großen Baum in der Mitte einer freien Fläche zu, ein Überbleibsel aus einer Zeit, als der Wald noch um einiges größer war.
xxAls er der Eiche näher kam, stutzte er. Eine Erinnerung flog ihn an, mehr ein Gefühl, das ihm sagte, dass er hier schon einmal gewesen war. Nicht an diesem unheilvollen Tag, an dem man ihn gefunden hatte, nein. Sein Blick fiel auf den breiten Ast, der fast genauso dick war wie der Stamm und seitlich waagerecht von der Eiche abstand. Es sah geradeso aus, als hätten zwei Bäume sich zu einem vereint, wie siamesische Zwillinge, die vom Bauch abwärts zusammengewachsen waren. Das hatte er schon einmal gesehen. Nur in welchem Zusammenhang? Doch das Déjà-vu verschwand so plötzlich wie es gekommen war.
xxDer Nebelvorhang hob sich und gab nun den vollen, hellen Mond frei. Die Wiese glänzte leicht silbrig, als Lutz direkt vor der Eiche stand. In diesem Moment hätte er schwören können, ihre Blicke zu spüren, auch wenn alles danach aussah, als wäre er hier ganz allein.
xx„Zu zweit, sie sind mindestens zu zweit, soviel ist sicher,“ hatte er zu Jan gesagt. Und wenn es mehr waren? Lutz spürte förmlich, wie die Angst ihn packte, ihre Finger um seinen Hals legte, ihm fast die Luft abdrückte. Es war nur dieser unheimliche Ort, nur die klamme Nässe und der schneidende Wind, nichts weiter. Er musste sich auf das Wesentliche konzentrieren. Gleich würde er Gewissheit haben. Gleich würde das Katz-und-Maus-Spiel zu Ende sein. Hoffentlich haben sie keinen Verdacht geschöpft. Nein, wie auch. So etwas Verrücktes würde man selbst ihm nicht zutrauen, dachte er bei sich, und ein schwaches Grinsen huschte kurz über sein Gesicht.

„Jetzt dreht er sich um.“ Steffen drückte den Feldstecher noch fester vor seine Augen.
„Wenn wir uns von der Rückseite des Baumes anschleichen, können wir ihn überraschen.“ Kais raue Stimme klang nervös.
xx„Nein, wir warten hier!“, bestimmte Steffen. „Er nimmt uns doch sowieso die ganze Arbeit ab.“
xx„Aber ich will sein Gesicht sehen. Ich will, dass er uns sieht, bevor er stirbt.“
xxSteffen packte ihn am Arm. „Zuerst mal sehen, was er vor hat. Er wird sich schon keine Kugel in den Kopf schießen. Das ist nicht sein Stil.“
xx„Vielleicht hängt er sich auf, so wie damals Mario. Aber dazu ist er bestimmt zu feige. Und wenn alle Stricke reißen, können wir ja noch hiermit nachhelfen.“ Kai nahm die Pistole aus seiner Jackentasche.
xx„Die wirst du nicht brauchen. Ich habe es dir doch gesagt: Er ist es nicht wert, dass wir uns die Finger an ihm schmutzig machen.“

Lutz saß auf der Erde, den Rücken an den dicken Stamm der Eiche gelehnt, die Beine ausgesteckt. Wenn er nur sicher sein konnte, dass sie jetzt da waren und ihn beobachteten. Alle seine Sinne waren hellwach. Die Lichtung war nun gut überschaubar, kein Mensch weit und breit und kein verdächtiges Geräusch.
xxPlötzlich der Ruf einer Eule, der irgendwie klagend klang. Oder warnend? Vielleicht wurde sie aufgescheucht oder gestört? Lutz schloss für einen Moment die Augen und spürte noch deutlicher sein hart pochendes Herz. Jetzt oder nie! Er nahm die Pillendose aus seiner Manteltasche, dazu den kleinen Flachmann und fing langsam an, eine Tablette nach der anderen einzunehmen. Das Wasser aus dem metallenen Gefäß schmeckte abgestanden und roch noch ein wenig nach Weinbrand.
xxAls er alle Tabletten geschluckt hatte, ließ er die leere durchsichtige Dose fallen, als es ihm urplötzlich wieder einfiel, woher er diesen Ort kannte. Ein Hauptverdächtiger in einem Mordfall hatte sich hier vor drei Jahren das Leben genommen. Aufgehängt, an dieser alten Eiche. Jetzt erinnerte er sich auch wieder an den Bruder des Erhängten, der ihm damals bei der Beerdigung gedroht hatte: Kai Kübler, ein Detektiv der üblen Sorte, mit einem Vorstrafenregister so dick wie die Bibel. Er und Steffen Schweitzer, Ex-Knacki und ehemaliger Pharmazeut, waren damals dicke Freunde, die sich dann auch noch im Gefängnis Gesellschaft leisten konnten. Jetzt ergab das Ganze einen Sinn! Die beiden waren zwar keine Koryphäen im Drogengeschäft gewesen, doch dazu fähig, ihn bewusstlos hierher zu schleifen und dann seinen Selbstmord vorzutäuschen, waren sie allemal.
xxWie hieß noch mal die alte Dame, die er vor seinem „Selbstmord“ besucht hatte? Die ihn unbedingt sehen wollte, weil sie dachte, ein Einbrecher wäre in ihrem Haus gewesen? Die ihren grünen Tee angepriesen hatte wie Sauerbier? Rosemarie Schweitzer! Jetzt konnte er sich wieder erinnern, auch wie seltsam müde er gewesen war, wie schwer er sich gleich danach in sein Bett geschleppt hatte. Verdammt noch mal, wie konnte er nur so dämlich sein! Wäre er doch nur einmal zuvor hierher gekommen, um sich diesen Ort anzusehen, dann hätte er sich das Ganze sparen können.

xx„Jetzt!“, flüsterte Steffen.
xxKai schüttelte den Kopf. „Wir sollten uns von hinten anschleichen.“
xx„Du hast doch gesehen, der hat gleich die ganze Dose leer gemacht.“
xx„Ich trau ihm nicht.“
xx„Und der Abschiedsbrief, den er geschrieben hat?“ erwiderte Steffen.
xx„Das hat die Polizei behauptet. Hm, ich weiß nicht. Irgendwie passt das nicht zu ihm. Bei all dem, was war, hätte er sich schon längst umbringen können. Und jetzt ausgerechnet hier?“
xx„Du denkst, das ist eine Falle?“ Steffen überlegte einen Moment. „Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Dazu auch noch die Vermisstenanzeige in der Zeitung und im Fernsehen dieser eine Polizist, Jan Sowieso, der war ja tatsächlich total von der Rolle. Das war nicht gespielt.“
xx„Ich geh hinten herum!“ Kai blieb stur.

„Jetzt müsste langsam etwas geschehen“, dachte Lutz verzweifelt. Seine Finger, die sich um die metallene Taschenlampe in seiner Manteltasche klammerten, als wollte er sich daran festhalten, waren eiskalt. Mit halb geschlossenen Augenlidern saß er da und bewegte sich nicht. Lange würde er es so nicht aushalten, er fror erbärmlich. Doch sie waren da, ganz nah schon. Sie mussten einfach da sein.
xxDann endlich konnte er sie hören. Aber dass sie von hinten kommen würden, damit hatte er nicht gerechnet. Verdammt! Schnell schloss er die Augen, als die Geräusche noch deutlicher und lauter wurden. Plötzlich war es still. Eine beklemmende Stille und das Gefühl, dass jemand direkt vor ihm stand, zerrte an seinen Nerven. Seine Hand wollte schon zucken, als er den eiskalten Lauf einer Pistole an seinem Hals spürte.
xx„Keine Bewegung und die Hand ganz langsam aus der Manteltasche!“ Die Stimme hinter ihm klang wie ein rostiges Nebelhorn.
Auch wenn sie ihn vielleicht durchschaut hatten, er würde sein Theater zu Ende spielen, und wenn es sein musste, bis zum bitteren Ende. Er hatte keine andere Chance. Lutz rührte sich nicht.
xxEine Hand umfasste sein Kinn, drückte seinen Kopf nach oben und ein heller Lichtschein leuchtete vor seinen geschlossenen Augen auf.
xx„Er ist schon bewusstlos“, erklärte Steffen.
xx„Quatsch nicht. Der hat eine Waffe in der Manteltasche, das sieht doch ein Blinder. Geh endlich da weg!“
xxSteffen rührte sich keinen Meter und grinste nur mitleidig. Für ihn war der lebensmüde Bulle harmlos.
xxAber Kai ließ nicht locker. Er drückte Lutz den Lauf seiner Pistole noch fester an den Hals. „Die Hand aus der Manteltasche, oder ich drücke ab!“ Seine Stimme war voller Zorn, voll Hass auf den Menschen, der seinen Bruder auf dem Gewissen hatte.

Lutz wagte kaum noch zu atmen. Wenn er jetzt aufflog, war alles aus. Und wenn der Kerl abdrückte, sowieso. Sein Herz raste wie verrückt.

xxSteffen konnte immer noch nichts Auffälliges feststellen. „Du kannst endlich damit aufhören, der ist wirklich weggetreten.“
xxEndich gab Kai seine Drohgebärden auf und gesellte sich nun zu seinem Freund. Langsam kniete er sich zu dem am Boden Sitzenden und beobachtete ihn mit Argusaugen. Dann streckte er seine Hand aus, wie in Zeitlupe und überaus vorsichtig steuerte er die ausgebeulte Manteltasche an. Als wollte er eine Schlange fangen, griff er blitzschnell zu, packte Lutzs Arm und zog seine Hand mit festem Griff aus der Manteltasche heraus. Die Hand des Polizisten war kalt und leer. Als er sie losließ, fiel sie schwer nach unten. Kai fasste in die Tasche und fand nur eine Taschenlampe.
xxJetzt konnte Steffen nicht mehr an sich halten, für ihn war das Ganze ein einziger Witz. Er hielt er sich den Bauch und gab Töne von sich, die wie das abgehackte Rufen eines Esels klangen.
xxDoch das war zu viel für Kai. Explosionsartig verschaffte sein Zorn sich Luft, am Abzug der Pistole. Der plötzliche, ohrenbetäubende Knall ließ Lutz zusammenzucken und sein Herz hörte tatsächlich auf zu schlagen. Drei Sekunden lang.
xxSteffens Lachen erstarb in der ersten Sekunde. Erstaunt sah er Kai an, der nun die Pistole auf ihn gerichtet hielt.
xx„Dein blödes Getue habe ich satt, und dein verdammtes Gelächter kann ich nicht mehr hören! Noch einen Ton, und ich vergesse mich!“
xxSteffen jedoch beachtete ihn nicht mehr. Er sah an ihm vorbei, und sein Blick war plötzlich sehr ernst.
xx„Hier spricht die Polizei! Lassen Sie die Waffen fallen, Sie sind umstellt!“ Eine Flüstertütenstimme beschallte die Lichtung.

Lutz öffnete die Augen. Diese Stimme kannte er nur zu gut und kein Geräusch war in diesem Moment schöner als dieses. Mit butterweichen Knien stand er auf und hielt die beiden mit der winzigen Waffe, die er in der anderen Hand versteckt hatte, in Schach. Seine Stimme zitterte, als er rief: „Die Pistole fallen lassen und die Hände über den Kopf! Ihr seid verhaftet!“
xxDoch Kai, immer noch rasend vor Wut, dachte nicht im Traum daran, sich zu ergeben. Ein kurzer Blick zu seinem Freund, dann schnellte seine Pistole hoch und er drückte er ab.
Lutz reagierte zu spät. Etwas explodierte in seiner Brust. Mit weit aufgerissenen Augen, die nicht begreifen wollten, was geschehen war, sah er in den nachtschwarzen Himmel, nur eine Sekunde für den Schritt in die Ewigkeit. Als er fiel, fühlte es sich so an, als würde er endlos fallen, sein Körper auf die Erde zurasen, wie ein Stein, geworfen in einen unendlich tiefen, schwarzen Brunnen. Dann war es dunkel.

„Habt Ihr Bork gefunden?“, fragte Sybille, als sie ihre Tagesschicht auf der psychiatrischen Abteilung antrat.
xx„Ja“, antwortete die Nachtschwester. „Im Stadtwald unter der alten Linde. Starke Unterkühlung und Herzstillstand. Schon wieder Tabletten. Wo er die bloß herhatte?“
xx„Ist er tot?“
xx„Nein, im Koma. Sie haben sein Herz wieder zum Schlagen gebracht.“

© Anita Hasel

Die Zeitbombe

Als Heiko Zander den stickigen Verkaufsraum der Tankstelle betrat, war er in Gedanken schon bei seinem kleinen Sohn in Berlin. Den Geburtstag des Jungen durfte er auf keinen Fall versäumen. Er musste ihn wenigstens noch sehen, bevor seine Mutter ihn ins Bett brachte. Ihm blieb kaum noch eine Stunde, doch es waren rund 150 km, die noch vor ihm lagen. Die Zeit war verdammt knapp! Und nun war er auch noch gezwungen nachzutanken. Ausgerechnet jetzt! Wieder einmal ärgerlich über sich selbst, bemerkte er nicht die seltsame Stille.
xx„54 Euro 95.“
xxHeiko zog seine EC-Karte aus der bereits gezückten Geldbörse. Als die Kassiererin sie entgegennahm, sah er sie nicht an, er nahm sie nicht einmal richtig wahr. Sein Blick überflog das verblasste Werbeplakat für die Premium-Autowäsche und blieb dann an einer Pendeluhr hängen, die auf dem Regal hinter dem Tresen stand. Das überdimensionierte Pendel war eine schwarz marmorierte Kugel, die ihn an eine Bombe aus einem Zeichentrickfilm erinnerte. Es fehlte nur noch die Lunte. Verflixt noch mal, er würde zu spät kommen! Und jetzt schien dieses Kartenlesegerät auch noch defekt zu sein.
xx„Tut mir leid, manchmal nimmt es die Karten nicht auf Anhieb.“ Die Frau begann, dem widerspenstigen Gerät die ausgespuckte Karte wieder einzuverleiben, worauf es die Karte erneut auswarf. Ein Kräftemessen begann, eine Art Geduldsspiel, das sich in die Länge zog und unnötig Zeit verschwendete. Er hatte keine Zeit!
xx„Haben Sie denn kein zweites Gerät? Ich bin in Eile!“ Jetzt erst trafen sich ihre Blicke. Vor ihm stand eine ältere Frau mit Kraushaar und ärmelloser Kittelschürze, an der ein Namensschild hing: Roswitha Keller. Sie schwitzte, anscheinend die Wechseljahre. Und sie machte auf ihn den Eindruck, als wolle sie etwas Wichtiges sagen. Doch sie schüttelte nur den Kopf.
xxHeiko griff in seine Jacke, um sein Schlüsseletui herauszunehmen. Manchmal hatte er dort noch einen Reservegeldschein für alle Fälle. Doch wo war das Etui? Es folgte eine gründlichere Selbstdurchsuchung, wobei seine Jacke etwas höher rutschte und den Blick auf seine Dienstwaffe, die er am Gürtel trug, frei gab.

„Hände hoch oder ich schieße!“
xxHeiko gehorchte sofort. In dem Überwachungsspiegel, der schräg vor ihm unter der Decke hing, konnte er einen Mann sehen, der eine Waffe auf ihn gerichtet hielt. Ein Überfall! Das hatte ihm gerade noch gefehlt!
xx„Jetzt ist mir klar, warum Sie ihn hereingelassen haben. Sie haben gewusst, dass er kommt!“, bellte es hinter ihm.
xx„Nein, ganz bestimmt nicht!“ Roswitha war den Tränen nah.
xx„Meine Frau musste ihn hereinlassen. Wir können die Zapfsäulen nicht sperren! Das geht vollautomatisch und erst nach Ende der Öffnungszeit. Ich hab‘ Ihnen das doch schon erklärt!“ Das war die sonore Stimme eines älteren Mannes. Er stand etwas abseits, an ein Getränkeregal gelehnt und hatte eine blutende Wunde an der Schläfe.
xx„Erwin, bitte!“ Roswitha warf ihrem Mann einen warnenden Blick zu.
xx„Nehmen Sie ihm die Waffe ab und dann weg damit! Na, wird’s bald?“
xxRoswitha ging um den Tresen herum, trat von hinten an Heiko heran und öffnete mit zittrigen Händen den Verschluss des Gürtelholsters, in dem die Waffe steckte.
xxHeiko ließ sie gewähren. Dann drehte er sich langsam um. Der Fremde, der etwa sechs Meter von ihm entfernt vor der Tiefkühltruhe stand, hatte eine Halbautomatik in der Hand. Er war in den mittleren Jahren, die Haare fettig glänzend und verschwitzt wie auch sein Hemd, das bis zum vorletzten Knopf geöffnet war und einen kugeligen, behaarten Bauch entblößte. Seine Nase wirkte geschwollen und war gerötet wie die eines Alkoholikers.
xx„Hat Pia Sie geschickt?“ Der Mann kam zwei Schritte näher.
xx„Welche Pia?“
xx„Pia Benzinger, meine Frau. Verschaukeln Sie mich nicht, ich warne Sie! Ich bin weder verrückt noch verblödet.“
xxHeiko schüttelte den Kopf. „Das ist nicht meine Absicht. Mein Name ist Heiko Zander, ich arbeite beim Drogendezernat in Berlin und bin hier nur auf der Durchreise. Wenn Sie mir nicht glauben, schauen Sie doch auf mein Nummernschild.“ Er zeigte auf seinen Wagen draußen neben der Zapfsäule.
xxBenzinger sah ihn misstrauisch an, erwiderte aber nichts.
xx„Wollen Sie Geld?“

Eine kleine Ewigkeit verging, als Benzinger endlich antwortete. „Ich will meinen Sohn wiedersehen! Meine Frau soll ihn mir bringen!“
xx„Ihren Sohn?“
xx„Ja, verdammt noch mal. Ist denn das zuviel verlangt, dass ein Vater seinen Sohn sieht?“
xx„Und Sie haben sich schon mit Ihrer Frau in Verbindung gesetzt?“
Benzinger nickte. „Bis 18 Uhr hat sie noch Zeit. Sonst fliegt hier alles in die Luft!“
xxHeiko sah auf seine Armbanduhr. Ihm wurde flau im Magen. Nur noch 20 Minuten!
xx„Wie lange warten Sie denn schon?“
xx„Viel zu lange.“
xx„Und wo wohnt Ihre Frau?“
xx„Keine Ahnung, die ist weggezogen.“
xx„Aber wenn Sie es nicht bis dahin schafft?“
xxBenzinger schüttelte den Kopf. „Es ist mir egal, wie sie es anstellt. Wenn sie nicht daran schuld sein will, dass ihretwegen Menschen sterben, wird sie es schaffen müssen.“

Erwin mischte sich ein: „Dieser Wahnsinnige hat keine Ahnung, was eine Explosion hier anrichten könnte. Die Tankstelle befindet sich in einem dicht besiedelten Gebiet. Hier wohnen Menschen, viele Menschen!“
xxBenzinger ging einen Schritt auf Erwin zu und kam ihm dabei gefährlich nah: „Sie nennen mich wahnsinnig?“, brüllte er ihn an. Dieser Mann war ein wandelndes Pulverfass.
xx„Erwin!“, Roswithas Stimme bebte. „Sei jetzt endlich ruhig!“
xxDoch ihr Mann beachtete sie nicht. „Ganz dicht können Sie doch nicht sein! Ihre Frau wird schon wissen, warum sie nicht kommt!“

Der “Wahnsinnige” hatte schon seine Waffe auf den alten Herrn gerichtet, als ein Telefon läutete und jede Bewegung im Raum erstarren ließ. Nach dem zweiten Klingeln hörte es wieder auf. Nervös begann Benzinger, von einem Bein auf das andere zu treten. Irgendetwas an seinem Verhalten kam Heiko seltsam vor. Betrunken war dieser Mann jedenfalls nicht, so viel war sicher. Fieberhaft überlegte er, wie er ihn überwältigen konnte, ohne die anderen zu gefährden. Er musste näher an ihn herankommen.
xx„Es ist furchtbar heiß hier. Ich werde meine Jacke ausziehen.“ Ohne eine Antwort abzuwarten und darauf bedacht, keine schnellen Bewegungen zu machen, zog Heiko seine Jacke aus und ging dabei einen Schritt vorwärts auf einen Zeitungsstapel zu, um sie dort abzulegen.
Benzinger beobachtete ihn argwöhnisch, die Pistole wieder auf ihn gerichtet. „Keinen Schritt näher!“

Heiko sah es ein, so würde er nicht weiterkommen. Es lag ihm jetzt nichts ferner, als diesen Mann noch nervöser zu machen. Der Verkaufsraum war vollgestellt mit Regalen und Schnickschnack, und die schwüle stickige Luft erzeugte zusätzlich ein Gefühl von beklemmender Enge. Ein klappriger Ventilator an der Decke drehte sich so langsam, dass es den Anschein hatte, jede Umdrehung würde die letzte sein.
xxDie große Uhr an der Wand neben der Eingangstür erinnerte Heiko an eine alte Bahnhofsuhr, was wohl daran lag, dass ihr Minutenzeiger an seiner Position solange verharrte, bis die Minute voll war. Dann erst sprang er weiter. Der Sekundenzeiger hingegen war sehr lebhaft, sein regelmäßiges Klicken hätte Heike sogar genervt, wenn er ganz entspannt gewesen wäre. Beim Sprung auf die volle Minute war das Klicken mehr ein Klacken und deutlich lauter, so wie jetzt: 12 Minuten vor 6. Er musste etwas unternehmen!

xx„Wie alt ist denn Ihr Sohn?“
xxBenzinger sah ihn erstaunt an. „10, im April wurde er 10 Jahre.“
xxErwin regte sich wieder. „Fragen Sie ihn, wo er die Bombe versteckt hat, Herr Gott noch mal!“ xxDer alte Mann war nicht zu bremsen. Doch Heiko ignorierte ihn.
xx„Sie haben ihn wohl schon länger nicht mehr gesehen.“
xxBenzinger nickte.
xx„Und wie heißt er?“
xx„Timmy, alles nennen ihn nur Timmy, aber richtig heißt er Timo.“
xx„Er hat gesagt, es ist eine digitale Zeitbombe! Er hat sie hier irgendwo versteckt!“, rief Erwin dazwischen.
xxHeiko ließ sich nicht beirren. „Bestimmt vermisst Timmy seinen Vater. Mein Junge nimmt es mir auch immer krumm, wenn ich mal eine Zeit lang nicht zuhause bin.“

Plötzlich ging in Benzinger eine Veränderung vor. Mit voller Wucht knallte er mit der Faust auf den Tresen, so unvermittelt, dass auch Heiko zusammenzuckte. „Wenn Sie meinen, ich lasse mich von Ihnen mit rührseligen Geschichten einlullen, dann kennen Sie mich schlecht!“ In diesem Moment meldete sich sein Handy. Benzinger trabte hin und her, während er telefonierte, doch den Polizisten ließ er dabei nicht aus den Augen. Das Gespräch war nur von kurzer Dauer. Zornig schleuderte er das Handy auf den Fußboden. Der Akkudeckel löste sich und sauste unter ein Regal.
xx„Sie kommt nicht?“ Heiko Frage klang rein rhetorisch.
xxBenzinger schüttelte den Kopf.
xx„Vielleicht wenn ein anderer mit ihr redet? Ich bin Polizist, das wäre doch einen Versuch wert. Vielleicht hört sie auf mich?“
xxTimmys Vater wollte etwas erwidern, doch dann sah er auf seine Armbanduhr. Noch acht Minuten!
xxHeiko bohrte weiter. „Sie haben doch nichts mehr zu verlieren. Wählen Sie ihre Nummer von diesem Apparat aus“, er zeigte zum Telefon am Tresen, „und dann geben Sie mir den Hörer.“
Benzinger zog die Schultern nach hinten und machte nicht den Eindruck, als würde er darauf eingehen. Doch zu Heikos Überraschung tat er es doch. Nachdem er die Nummer gewählt hatte, legte er den Hörer beiseite, ging einen Schritt zurück und verfolgte jede Bewegung seines Gegenübers mit dem Pistolenlauf.

„Hallo! Hier ist Heiko Zander, ich bin Polizist und einer der Geiseln Ihres Mannes. …. Nein, wenn ich Ihnen doch sage, Ihr Mann hat uns in seiner Gewalt und droht, die Tankstelle in die Luft zu jagen. …. Und wenn Sie mit ihm reden? Er will doch nur seinen Sohn wiedersehen. …Was?“. Heiko wurde kreidebleich. Na einer Weile sagte er: „Ja, ich verstehe.“ Dann legte er auf.
xx„Was hat sie gesagt?“
xxHeikos Gedanken rasten: Was sollte er nur tun? Soeben hatte er etwas erfahren, das die Lage schier aussichtslos machte: Timmy war vor einem Jahr gestorben. Doch sein Vater litt seitdem unter schizophrenen Wahnvorstellungen und war unberechenbar. Allem Anschein nach war dieser Mann zu allem fähig.

xx„Sie kommt. Und sie bringt Timmy mit. Doch sie braucht noch etwas mehr Zeit“, antwortete Heiko.
xx„Niemals! Ich hab‘ ihr alle Zeit der Welt gegeben, schon über ein Jahr habe ich meinen Sohn nicht mehr gesehen. Jetzt ist Schluss! Endgültig!“ Benzinger wirkte wie ein Dampfkochtopf unter Hochdruck. Schweiß tropfte von seiner Stirn, und sein Gesicht war krebsrot geworden.
Noch sechs Minuten! Heiko kam es so vor, als würde es immer heißer werden in diesem Raum. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren!
xx„Sie hat gesagt, Ihr Sohn will Ihnen sein Zeugnis zeigen.“
xx„Er ist ein guter Junge, so gescheit. Der hat viel mehr auf dem Kasten als ich, er wird es mal zu etwas bringen.“
xx„Das können Sie miterleben“, log Heiko. „Geben Sie Ihr Vorhaben auf, und ich verspreche Ihnen, wir werden hier hinausgehen und vergessen, was geschehen ist. Und Sie können Timmy in den Arm nehmen!“
xxRoswitha nickte zustimmend, doch Erwin starrte nur ausdruckslos vor sich auf den Boden.
xx„Dafür ist es jetzt zu spät!“ Benzinger schüttelte den Kopf.
xx„Nein, es ist niemals zu spät! Sie hat mir gesagt, dass sie doch kommt, weil Timmy sie überredet hat. Er vermisst Sie sehr!“
xxBenzinger bekam feuchte Augen.

Jetzt begann Heiko, auf ihn zuzugehen.
xx„Bleiben Sie dort, wo Sie sind!“, rief Benzinger, und seine Waffe zitterte.
xxHeiko blieb stehen. Wieder ein lautes Klacken. Nur noch vier Minuten! Jetzt blieb nicht mehr viel Spielraum für Vorsicht.
xx„Timmy hat sein Zeugnis dabei. Er will es Ihnen zeigen.“ Langsam bewegte sich Heiko wieder auf ihn zu.
xxNun schrie der Mann, wie ein Tier, das man verwundet hat. Zwischen seiner Waffe, die er mit gestrecktem Arm in Anschlag gebracht hatte, und Heiko waren es nur noch zwei Meter.
Roswitha und Erwin hielten den Atem an, als der Polizist in Armlänge vor der Waffe stehen bleib. Es war nichts mehr zu hören außer dem Klicken der Uhr an der Wand. Der Sekundenzeiger hämmerte wie ein gigantisches Metronom in ihren Ohren, ihre Augen waren weit aufgerissen vor Todesangst. Gleich war alles aus!
xxHeiko nahm den scharfen Schweißgeruch seines Gegenübers wahr. „Geben Sie mir die Waffe. Tun Sie es für Timmy!“
xxDoch Benzinger reagiert nicht. Kostbare Sekunden vergingen.

Heikos Blick wurde magnetisch angezogen von den ruckartigen Bewegungen des fetten Sekundenzeigers. Der große Zeiger sprang auf den vorletzten Strich. Klack! Nur noch zwei Minuten! Nun blieb ihm keine andere Wahl. Seine Hand schnellte vor, packte die Waffe genau in dem Moment, als der Schuss sich löste. Blut lief ihm die Wange hinunter, doch er bemerkte es nicht. Schnell hatte er den Mann überwältigt, der nun in sich zusammengefallen war, auf dem Boden saß und begann, wie ein kleines Kind zu schluchzen.
xx„Raus, schnell raus hier!“, herrschte Heiko das Ehepaar an.
xxErwin lief zu seiner Frau, packte sie und rannte mit ihr hinaus.
xxHeiko packte den am Boden Sitzenden und schrie ihn an. „Die Bombe, wo haben Sie die Bombe versteckt?!“
xxDer Mann reagierte nicht.
xxHeiko gab ihm eine Ohrfeige und brüllte noch lauter: „Benzinger! Wo ist die Bombe?!“
xxNun wurde aus Benzingers Schluchzen ein rhythmisches Glucksen, immer lauter und irrer kam es aus seiner Kehle, das Lachen eines Wahnsinnigen. Der Sekundenzeiger rückte unerbittlich vorwärts, nur noch ein paar Ticks, wenn die Uhr vorging, dann vielleicht noch etwas länger.

Heiko hatte zu lange gezögert, das war ihm jetzt klar. Sein Atem ging hastig und sein Herz raste, doch Fliehen machte jetzt keinen Sinn mehr. Er ließ den Irren los und setzte sich mit der Waffe in der Hand auf den Fußboden, den Rücken an das Regal mit den Mozartkugeln gelehnt. Mechanisch wischte er den Schweiß von der Stirn und das Blut von der Wange. Vielleicht war das nun die Quittung eines Lebens, in dem Zeit für ihn immer ein sehr dehnbarer Begriff gewesen war. Ein letztes Mal sah er diese riesige, verhasste Uhr, wie ein Damoklesschwert hoch über sich: Auf den Punkt 18 Uhr. Sein Sohn würde mal wieder vergebens auf ihn warten und seine Mutter würde ihm sagen, dass sein Vater keine Zeit für ihn hat.

„Bumm!“
xxBenzinger hatte aufgehört zu lachen. „Bumm, bumm, bumm“, rief er, riss dabei die Augen auf und schlug mit der Hand auf den Fußboden. Heiko starrte ihn an: Erst jetzt war er sich sicher, dass es nie eine Bombe gegeben hatte.

Noch bevor er die Polizei alarmierte, wählte er ihre Nummer. Hart schluckte er den Kloß im Hals hinunter. „Ich bin’s.“
xxSie sagte nur „Ja“, ihre Stimme klang seltsam fremd.
xx„Ich wollte dir nur sagen, dass ich ihn liebe… Woher weißt du, warum ich anrufe?… Ja, ich kann nicht rechtzeitig da sein. Es tut mir so leid, ich…“

xxSie hatte schon aufgelegt.

© Anita Hasel