Im Altenheim, da ist was los,
denn Herrmann ist kein Trauerkloß!
Wenn etwas mal verschwunden ist,
sitzt er nicht da und trauert trist.
Im Gegenteil, er fängt gleich an,
zu suchen, wo er suchen kann.
Auf einmal kommt’s ihm in den Sinn:
Er ruft: “Die ware widder hinn!”
Des Herrmanns Tochter sich sehr freut:
Das Telefon bei ihr grad’ läut’!
Die Freude währt jedoch nicht lang,
sie hört ein Wispern, ihr wird bang.
„Helga horsch!“, raunt leis’ die Stimme,
und sie ahnt auch gleich das Schlimme.
„Du glaabscht es net, die hawwe mir,
geklaut schon wieder`s Klopapier!“
Die Wangen werden ihr schon bleich.
„Such’ gar net long’. Ich komme gleich!“
Sie sagt’s und steigt mit weiche Knie
hinein in den „Mit-Schuh-bischt-hie“.
Dann fährt sie los, so wie im Traum,
und achtet auf die Schilder kaum.
„Wenn ich des find, und’s Portemonnaie,
oh warte nur, des werd dann schä!“
Schon läuft sie hin, durch Vaters Tür.
Doch wie steht er nun da vor ihr?
Das Haar zersaust, im Hemd ein Riss
und gar im Mund fehlt das Gebiss!
„Jetzt kumm du ämol roi ins Zimmer.
Uff dieses Klo do geh’ isch nimmer!
Die hawwe mir, gar net schäniert,
sogar des gonze Klo verschmiert.“
Die Tochter sieht es mit Entsetzen:
„Jetzt muss ich mich erst einmal setzen.
Wie sieht es denn hier wieder aus?
Rück’ jetzt mal mit der Sprache raus.
Du hattest doch die Zähne wo,
und wenn ich suchen muss im Klo.
So wahr ich Helga Müller heiße:
Ich hol’s Gebiss dir aus der Scheiße!“
Die Helga Müller ist famos,
find`s Portemonnaie in einer Hos’,
die unten lag im Kleiderschrank.
Der Vater wird vom Zuseh’n krank.
Er schaut sie an und ihm wird klar,
der Dieb ja doch ein Trugbild war.
Er sagt: „Des onnere findscht du nimmer.“
Schon geht ihr Blick durch’s ganze Zimmer.
„Du sagst zu mir, ich find es nie?
Wenn doch, dann gehst du auf die Knie!“
Der Vater verspricht’s hoch und heilig,
die Tochter hat es nun sehr eilig,
sieht unter Stühle, unter Bänke,
und hinter alle kleinen Schränke.
Dann schaut sie unter alle Kissen.
Der Vater kriegt ein schlecht’ Gewissen.
Zu guter Letzt, im Brötchenkasten,
kann sie `was Flauschiges ertasten.
„Des Klopapier, isch glaab’, isch spinn’!“,
ruft sie und hält’s dem Vater hin.
Der Vater sieht’s und ist ganz froh,
jetzt kann er wieder auf das Klo.
Und gleich verschwindet er hinein.
Das „Auf die Knie geh’n“ lässt er sein.
Da drin er in den Spiegel schaut,
sein Anblick ihn ja schier umhaut:
„Die Zähne hätt’ ich fast vergessen,
ich muss heut’ Mittag doch zum Essen!“
Derweil die Tochter nicht verzagt,
hat auch den Blick ins Bett gewagt.
Ein Griff, ein Schrei, und in der Hand
hält sie die Zähne, die sie fand.
Der Vater ist nun ganz entzückt,
mit „vollem“ Mund er glücklich blickt.
Die Diebe sind nun ganz vergessen,
mit Freude denkt er nun an’s Essen.
Und sagt, mit einem frohen Lachen:
„Man muss die Augen halt aufmachen!“
Die Tochter hört’s, ihr Mund ist auf,
ist sprachlos und sagt nichts mehr drauf.
So ist’s der Dank. Hat man’s gefunden,
ist tags darauf es bald verschwunden.
Der Herrmann ist kein Trauerkloß,
drum geht die Sucherei dann los.
Denn will der Herrmann etwas holen
und findet’s nicht, so ist’s gestohlen.
Darauf schon bald – wir wissen’s schon,
schellt bei der Tochter das Telefon.
So ist’s ein Kreislauf, dieses Leben:
Die einen nehmen, die anderen geben.
Nur glücklich ist, wer nicht vergisst,
dass Geben nie vergebens ist!