Archiv der Kategorie: Jahreszeiten

Das neue Jahr steht vor der Tür

Ein Böllerkrachen, Donnerschlag!
Erschreckt schau ich zur Tür.
Wer um die Zeit noch kommen mag?
Es war so friedlich hier.

Mit allem, was an Mut ich find’,
geh‘ ich zur Türe hin.
Gespenstisch heult der eis’ge Wind.
Es friert in meinem Sinn.

Da öffnet sich der Türe Schloss,
als ich den Schlüssel dreh‘.
Bin meine letzte Fassung los,
denn was ich vor mir seh‘

ist eines Jahres Dunkelheit.
Geliebt, zerstört, verlor’n.
Erschüttert und in Bitterkeit
ward Hass herauf beschwor’n.

Ich sehe Angst, Verzweiflung naht.
Zur Trauer sich gesellt
der Friede, er ist aufgebahrt.
Gewalt regiert die Welt.

Ein Mensch geht seinen letzten Gang,
gleichgültig sein Geleit.
Auf Mitleid wartet mancher lang‘,
es stirbt die Menschlichkeit.

Das ist zu viel, geh’ weg von mir!
Ich kann mich nicht mehr rühr’n.

Da tritt das Jahr durch meine Tür,
lässt mich die Sonne spür’n,

die über Dächern aufgetaucht
das neue Jahr erhellt.
Aus Tropfen, die vom Eis getaut,
erblüht die Farbenwelt.

Ich sehe Kraft, die Hoffnung birgt,
sie nimmt auch Angst in Kauf,
mit Trotz, der dennoch Gutes wirkt,
so geht der Plan nicht auf,

dass Terror Wut und Chaos sät.
Der Wille ist ein Stein.
Ein Mensch, der fest zum Frieden steht,
lässt nicht den Hass herein.

Kann ich das Neue vor mir seh’n,
seh‘ ich auch Licht vor mir.
Das Dunkle und der Schmerz vergeh‘n.
Das neue Jahr bleibt hier.

Winter

Alle Gedichte © Anita Hasel


Mannheimer Mundart

Die Schlagloch-Säsong (Die Schlagloch-Saison)

Uff unsre Stroße is was los,
Ihr liewe Leit, isch sag Eisch bloß!
O Lympia, do werschde blass,
denn hier in Mannem uff de Gass
dut die Schlagloch-Säsong beginne,
doch leider konnscht do nix gewinne.
— weiterlesen —


Es ist noch Winter, doch die Hyazinthe im Glas vor dem Fenster weiß das nicht. Sie wächst und blüht und duftet – während sie hinaus schaut und den Winter beobachtet. Was ihr dabei wohl durch den Kopf geht?

Die Hyazinthe

Sie hat sich, als es keiner sah,
aus altem Zwiebellook geschält,
ein Kleid beim Winterschlussbazar
mit weißem Sternenglanz gewählt.

Gemacht aus samtig weichem Garn,
aus dem man Frühlingsträume spinnt,
zog sie das Kleid noch zaghaft an.
Doch nur wer wagt, der auch gewinnt.

Nun soll sie niemand überseh’n,
als schmucker Spross mit edlem Wuchs.
Bleibt sie vorm hellen Fenster steh’n,
entbietet jedem Baum den Gruß.

Da winken Kronen ihr geschwind,
ein Publikum für ihren Glanz,
wiegt seine Äste fest im Wind,
ein Schunkelheer beim Blättertanz.

So viel Beachtung füllt sie aus,
sie strengt sich noch mal richtig an
und legt den schönsten Duft nun auf,
dem niemand widerstehen kann.

Ein Hauch von Honig, süßem Wein.
Nun ist sie die Verführung pur,
für die Natur, die schaut herein
und scheint zu warten: Worauf nur?

Wer saugt den Nektar gierig leer?
Geduld ist nicht für sie gemacht.
Die Blütenkelche werden schwer,
sie senkt das Haupt schon für die Nacht.

Und träumt von dem, was sie erfuhr –
im Winter, der kein Frühling war:
Die Kraft, das Drängen der Natur
mit Glanz vom Winterschlussbazar.


Im Zauberland der Kerzen

Sieh’ nur, wie die Watteflocken
fröhlich taumeln, tanzen, schweben.
Reines Weiß will erdwärts streben,
Frohsinn aus den Häusern locken.

Spür’ nur, wie die Uhrenherzen
sanfter pochen, ticken, schlagen,
und sogar den Stillstand wagen,
jetzt: Im Zauberland der Kerzen.


Zeit zu Besuch

Der kurze Tag ist fast schon warm.
Die Sonne nimmt mich in den Arm.
Sie streichelt meine blasse Haut.
Der Wind ist still, der Reif getaut.

Die Spatzen stimmen überein
beim Stelldichein im Sonnenschein
ertönt der Glocken ferner Klang.
Die Zeit wird mir so herrlich lang.

So unverhofft, und das ist schön,
der Zeit beim Bleiben zuzuseh’n.
Schon sprießt und rankt in meinem Sinn
die Fantasie; ich halt sie hin

als Angebot in meiner Hand,
ganz ohne Sinn, ohne Verstand.
Du liebe Zeit, bleib doch bei mir
als wacher Traum im Jetzt und Hier!

Da frischt der Wind ein wenig auf.
Die Spatzen picken nun zu Hauf,
um satt zu sein in kalter Nacht –
an’s Futter hat mein Mann gedacht.


Weißer Tanz

Schwerelose tanzen in den Lüften
wirbeln hoch wie zarte Spreu

um zu sinken, sacht und leise
weicher Gruß auf langer Reise
taumelt hin zu warmen Düften

und bedeckt die müde Welt
die ins weiße Kissen fällt

das die eisgekühlten Wangen
wärmt mit hellem Hüttenschein

macht das Graue wieder rein
und das Raue wieder blank

so als hätt’ es angefangen
unbescholten ganz von vorn’

alles ist wie neugebor’n
wenn die Schwerelosen tanzen.


Lichtblicke

Nach oben schau ich: Ach wie grau!
Die feuchten Nebelschwaden schleichen
um alle Häuser, kalt und rau.
Kein Sonnenstrahl kann sie erreichen.

Der Himmel deckt die Erde zu,
als wollt’ sie sich schon schlafen legen.
Dabei ist’s Mittag! Ach, wozu,
soll ich das kleine Pflänzlein hegen?

Ich hab’s gepflanzt doch viel zu spät,
die Sonne lässt es nicht mehr sprießen.
Kaum auf, schon dass sie untergeht,
und jetzt fängt es noch an zu gießen.

So sind Gedanken wie die Tage,
oft grau und schwer und ohne Licht.
Vergessen ist ganz ohne Frage
der Frühling, der ist außer Sicht.

Doch halt, was lass’ ich mich verdrießen?
Die Ruhe kehrte wieder ein!
Lern’ wieder, Tee und Wein genießen
und wieder gern Zuhaus’ zu sein.

Denk’ ich zurück, was gestern war,
was dieses Jahr für mich gebracht:
Mal hell und licht und sonnenklar,
und manchmal auch nur finst’re Nacht.

Es hilft, daran zurück zu denken,
was mir geschenkt war schön und gut.
Den Blick auf helle Tage lenken,
schenkt für die Zukunft neuen Mut.


Zeit der Kerzen

Der Sonne Kraft versinkt im Tal,
die Nebelschwaden schimmern fahl.
Des Tages Frist ist viel zu knapp,
so früh schon löst die Nacht ihn ab.

Die Zeit der Kerzen ist jetzt wieder,
wir lauschen wieder leisen Liedern
und halten Rückblick auf das Jahr,
fast schon vorbei, verflogen gar.

Des Sinnes Sinnen zum Verdruss,
gelangen wir dann zu dem Schluss:
Was uns geschenkt, was uns erfreut,
gehört uns doch nur kurze Zeit.

So grämen wir, in einem fort,
uns an dem glückbeschien’en Ort.
Die Freude stirbt vor lauter Pein,
zu fürchten: Was kann morgen sein?

Doch Morgen liegt in weiter Ferne,
so unerreichbar wie die Sterne.
Das Heute nur uns Glück beschert,
das Hier allein der Mühe wert.

Genieße jetzt die ruhige Zeit,
die Augen auf, das Herz mach weit.
Im Augenblick das Glück zu finden,
das heißt, dem Sog der Zeit entschwinden.

Bei Glühwein, Tee und Kerzenschein,
zu Zweit vereint – oder allein.
Lass die Gefühle dich dann führen,
nur in dich lauschen, ganz tief spüren,

wie Friede einzieht in dein Herz,
vergessen Hektik, Leid und Schmerz.
Im Hier und Jetzt dann Eins zu werden,
das ist das höchste Glück auf Erden.


 

Herbst

Alle Gedichte © Anita Hasel


Schön, den Sommer noch zu spüren und sich dabei auf den Herbst zu freuen!

Kupferfarbenzeit

So weich
wie warme Kupferfarben
die im leichten Raschelwind
nach alten Weisen tanzend kreisen
als ging’ der Sommer nie vorbei

so froh
des Mutes guter Dinge
frei wie zarte Schmetterlinge
die an großen Rosengaben
leise zitternd sich erlaben

so erhaben
leuchtet weit das gold’ne Haar
hochbetagter Himmelsriesen
die auf immergrünen Wiesen
ihre Schatten fließen lassen

so gelassen
webt der Herbst
sein filigranes Blätterkleid
schon längst bereit
den letzten Samen zu verwehen

so besehen
ist es Pracht
vollendet eines Sommers Lauf
und steigt durch Nebenschwaden auf
um in Kupferfarben zu zergehen.


Jede Jahreszeit hat ihren eigenen Reiz

Zwiebelkuchenträume

„Schon wieder Herbst“, sagst du schon wieder.

Der Herbst fährt Bäumen in die Glieder,
rauscht Blätterriesen durch die Bärte.
Die Sommerluft verwöhnte Erde
schmückt sich mit edlem Pergament.

Die warmen Farben sind jetzt Trend,
sie schimmern auf den Morgenweiden
mit Nüsternhauch und feinen Seiden,
die sanft der Sommerzeit entschweben,

zu einem sinnlichem Erleben
mit prallen Früchten, süßem Wein,
lädt uns der Herbst zum Schwelgen ein,
bei wahren Zwiebelkuchenträumen.

Das darfst du wirklich nicht versäumen!


… wenn Libellen träumen

Zeitsprung

Sieh’, im Herbstseerosenteich,
da schlummert der Libellenlaich,
träumt süß vom einem Trockenreich
mit Flügeln, zuckerwatteweich.
Ist er auch jetzt noch laichenbleich:
Für ihn ist’s Frühling

gleich!

 

Sommer

Alle Gedichte + Momentaufnahmen © Anita Hasel


Ein Sommerabend auf der Terrasse

Die Hitze des Tages ist fort. Der Wind hat sich schon schlafen gelegt. Dachziegeln leuchten rot unter dem blassblauen Himmel. Blätter und Blüten warten, regungslos. In Nachbars Garten wird das Warten schon belohnt. Das gleichmäßige Klacken des Rasensprengers mischt sich in das anschwillende Rauschen der Autobahn. Ich stelle mir vor, ich höre einen wunderbaren Wasserfall, nicht weit entfernt. Doch Wasserfälle gibt es hier nur aus der Gießkanne.

Ein Flugzeug schluckt plötzlich alle Geräusche. Es scheint in Zeitlupe vorüber zu ziehen. Dann wird es leiser, menschliche Stimmen drängen sich vor, ein Bellen, meckernde Vogellaute, eine Gießkanne wird gefüllt, bis das Prasseln verstummt. Noch mehr freudige Erleichterung bei den Kübelpflanzen des Nachbarn! Ich stehe auf, will mich endlich um meine neidischen Gartenpflanzen kümmern. Schon duftet es nach kühlem, klarem Wasser auf heißer Erde. Begierig saugen Wurzeln, dankbar richtet das Grün sich auf. Sommer ist Lust und pure Freude am Leben.


Prima Klima

prima Klima

Hüllenfall
draller Schwall
überall

weit
und breit

kein Schattenwind
kühles Kind
planscht und singt

unter’m roten Gummischlauch
heißer Rauch
für den Bauch

alles Gute auf dem Grill
hängematt
Hitze satt

und die Lust auf Himbeereis
kühlt den Fleiß
siedend heiß

kocht der Kühler
immer schwüler

wird sogar die Nacht zum Tag
Donnerschlag

Regenguss
Hochgenuss

Gänsehaut zum Schluss


Das Gewitter

Grau senkt sich herab, lässt den heißen Tag immer dunkler werden. Elektrisches Licht erleuchtet allmählich die Fenster in den Häusern. Geduldig still wartet alles auf das Ende der Schwüle, das nun kurz bevorsteht.
Schon hat der böige Wind sich beruhigt, und fast scheint es, als erstarre die Natur. Bäume stehen regungslos, kein Zweig und kein Blatt, das sich bewegt im strömenden Regen: Ein dichtes Heer von weißen Bindfäden, das vor dem dunklen Grün des Laubes auf die Erde fällt.
Fernes Grollen, das näher kommt, erinnert an Flugzeuge, die die Schallmauer durchbrechen. Manchmal wird das Grollen dumpfer, tiefer, lauter. Dann klingt es noch bedrohlicher. Ein Blitz leuchtet auf. Das ist Spannung, die dem Höhepunkt zusteuert.
Vögel beginnen zu zwitschern, in diesem Moment, als freuen sie sich auf die nahende Abkühlung. Und tatsächlich: Ein erster, angenehm kühler Windzug weht.
Autos fahren lauter, rollen mit ihren Gummireifen über klatschnassen Asphalt, spritzen noch weit hörbar.
Je greller es blitzt, je öfter der Donner kracht, desto kühler und angenehmer wird es. Auch der Regen trommelt immer lauter und schneller – bis das Geräusch unzähliger Wassertropfen, die überall aufprallen, zu einem gleichmäßigen Prasseln verschmilzt.
Die Häuserfassaden haben schon begonnen, das Dunkel des Himmels wie Löschpapier aufzusaugen. Der Tag ist noch nicht zu Ende.

Frühling

Alle Gedichte + Momentaufnahmen © Anita Hasel


Ein Nachmittag im Mai

Der Wind ist warm. Er spielt mit den Zweigen und Blättern, die sich bewegen, als tanzen sie zu einer wild-fröhlichen Melodie. Die Schatten der Bäume spielen Fangen auf dem saftigen Grün des Rasens. Kinder lachen laut. Ein Windrad dreht sich schnell. Es knistert nach Sommer.
Der Himmel ist blau. Weit und leicht umspannt er die helle Welt. Blätter und Dachziegel glänzen und reflektieren das gleißende Licht.
Vögel zwitschern durcheinander – kreuz und quer klingen ihre unterschiedlichen Stimmen. Tauben locken ausdauernd mit ihren dunklen Rufen im Drei-Viertel-Takt.
Samenpollen beschneien die Stadt, schweben auf und ab, schwerelos, und fliegen mit dem Wind davon.
Nur Wollen, kein Müssen. Nur hier sitzen und das Wohlgefühl genießen. Das ist Mai.


Der Frühlings-Reimling

Im Frühling ein Wüstling den Sperling stört.
Ein Schreiberling denkt, er hat sich verhört!
Schon sieht er des Wüstlings gierige Tatze,
der Schreiberling fasst sich entsetzt an die Glatze.

Spontan er den Sperling zum Schützling erklärt.
Der Wüstling ist nun keinen Pfifferling wert,
entpuppt sich als Hänfling von schwachem Geblüt,
und wird nun zum Winzling, dem Wüstes selbst blüht.

Da hat der Sperling zum Glück wieder Ruh‘
und wendet sich seinen Abkömmlingen zu,
doch fehlt jetzt ein Liebling, der Erstling im Nest!
Das gibt der Sperlingsmutter den Rest!

Im Frühling ein Sperling den Wüstling hackt,
und auf des Schreiberlings Lieblingsstift kackt.
Wüstling und Schreiberling sind ganz verwirrt,
da piept der Frischling, er hatt‘ sich verirrt.

Und die Moral von dem dümmlichen Ganzen:
Halt dich an Sämlinge, Blüten und Pflanzen,
schreib’ über Schmetterling, Wiese und Hain,
doch lass’ das dämliche “Ling”-Reimen sein.


Das Frühlingslied

Wer ist’s gewesen?
Schau!
Das welke Grau
durch Zauberhand so saftig grün.
Die Wiesen blüh’n
in süßer Pracht.
Des Lebens voll
ist alles, was erwacht.

Wer hat’s gehört?
Das Lied
das in uns spielt
und klingt
als wäre Zeit
in Ewigkeit
zur Wiederkehr bestimmt.


Osterspaziergang
(von Johann Wolfgang von Goethe)

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
im Tale grünet Hoffnungsglück.
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
ohnmächtige Schauer körnigen Eises
in Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes.
Überall regt sich Bildung und Streben,
alles will sie mit Farben beleben.
Doch an Blumen fehlt’s im Revier,
sie nimmt geputzte Menschen dafür.

Kehre dich um, von diesen Höhen
nach der Stadt zurückzusehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
denn sie sind selber auferstanden:
aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
aus Handwerks- und Gewerbebanden,
aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
aus den Straßen quetschender Enge,
aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
sind sie alle ans Licht gebracht.

Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
durch die Gärten und Felder zerschlägt,
wie der Fluss, in Breit und Länge
so manchen lustigen Nachen bewegt.
Und bis zum Sinken überladen,
entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
hier ist es Volkes wahrer Himmel,
zufrieden jauchzet Groß und Klein:
“Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!”

Sommer-Gewitter

Grau senkt sich herab, lässt den heißen Tag immer dunkler werden. Elektrisches Licht erleuchtet allmählich die Fenster in den Häusern. Geduldig still wartet alles auf das Ende der Schwüle, das nun kurz bevorsteht. Weiterlesen